Samstag, 9. Mai 2009

Neuköllner Straßenleben


„Ich wohne in der Donaustraße.“ Schreibt Keith, Schüler der 5. Klasse. „Diese Straße liegt in Berlin-Neukölln. Sie ist ziemlich lang. Ich lebe hier gerne, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich woanders hinziehen. Die Straße ist nicht gerade sauber, und es gibt viele Kneipen, in denen es oft sehr laut ist. Manchmal streiten sich Leute auf der Straße, und die Polizei muss verständigt werden.“ „Meine Straße“ - Kasmin, 4. Klasse, spricht ebenfalls von der Donaustraße - „ist groß und die Straße gefällt mir. Neben unserer Straße ist ein Eisladen, und da gegenüber ist das Forum, und darüber ist ein achtundneunzig Pfennig Laden. Wo ich über die Straße gegangen bin, da war ein besoffener Mann mit einem Hund.“ Der Blick, den Kinder auf ihre Umgebung werfen, die Art, in der sie Nähe herstellen, Vertrautheit beschreiben, Irritationen aussprechen, Orte markieren, Orientierung und emotionale Bindung suchen, gibt Auskunft darüber, wie wir uns einrichten. Straßen, Städte, Lebenswelten. Für Kinder der Nahraum für Entdeckungen, Streifzüge, eingehegte wie freigelassene Phantasien auf der einen, Zumutung ohne ausreichende Spiel- und Erprobungsmöglichkeiten, auf Verkehr und Mobilität angelegt, auf der anderen Seite. Eine Ahnung vom Zustand unserer Straßen und Städte bekommt, wer die Seite des Projekts „Kinderstraße“ besucht. Sie ist nicht neu und auch nicht frei von „schulischen Anmutungen“. Die kurzen Texte geben einen Blick auf Straßen frei, wie Kinder sie sehen. Ein Projekt, das die Schreibfähigkeit und den Umgang mit Texten fördern will. Daher rühren die knappen, teils redundanten und - wie sollte es bei Kindern der 3. bis 6. Klassen auch anders sein - ein wenig ungelenk wirkenden Beschreibungen. Es fehlt die Beweglichkeit und Spontanität, die Kinder auszeichnet. Hier hätten nur Gesprächsaufzeichnungen und Interviews Abhilfe schaffen können. Ein Aufwand, den ein Projekt mit dieser Reichweite nicht bewältigen kann. Dennoch sehr lesenswert und instruktiv.

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