Dienstag, 30. November 2010


Konzentration (3 - 10)

Montag, 29. November 2010


Konzentration (2 - 10)

Sonntag, 28. November 2010

Konzentration


Konzentration (1 - 10)

Früher oder später packt es jede und jeden. Alexander Kluge empfiehlt, in Pfützen zu gucken. Ehrlich. Er plädiert für die Aufhebung des Prinzips der „Dienstbarkeit“. Die Fotokryptik lässt grüßen! Warum das alles? „Ich empfinde aufgrund der heutigen Bilderfülle einen Hunger nach einfachen, von der Kamera fassbaren Bildern. (…) Die Digitalität erfordert (…), erneut Ars povera zu betreiben, also ein Verfahren, dass es im Prinzip bereits seit 3000 Jahren gibt.“ Tun wir’s und, einer weiteren Anregung folgend, schaffen elementare Bilder, die „auf falschen Prunk zugunsten von Konzentration“ * verzichten.
* spex, #329, Nov/Dez 2010, S. 43

Samstag, 27. November 2010

John Hiatt, Stevie Winwood, Colosseum

Ein Nostalgietrip? Na klar. Von Zeit zu Zeit braucht man das. Könnte ja sein, dass man früher ganz falsch gelegen hat. Mit dem Geschmack. Schafft die Chance, noch einmal inne zu halten, die Asche im Haar zu verteilen und Geschmackskorrekturen vorzunehmen. Sich zurückzuschämen und Wiedergutmachung zu leisten. Für so etwas wie Schlaghosen zum Beispiel. Oder aber, ja nicht ganz ausgeschlossen, man darf feststellen, dass das eine oder andere Werk 30 – 40 Jahre anstandslos überdauert und sich aus guten Gründen zu einem Traditionsbestand zeitgenössischer Musik ausgewachsen hat. Schaut man auf’s Alter der Musikanten, kommen gut 50 Jahre Rock- und Popgeschichte zusammen. Was alle eint? Sie haben eine produktive Haltung zum eigenen Schaffen. Musiker halt, keine Oldie-Nummern-Revue-Darsteller. Die, das sei nicht bestritten, natürlich auch ihre Berechtigung haben.

In unprätentiöser Haltung, auf aufgeräumter Bühne, bei sparsamen Licht und transparenten Sound machte Stevie Winwood das, was er am besten kann: Musik. Mit Gleichgestimmten. Mal an der Orgel, mal an der Gitarre, immer bei gutem Gesang. Wie überhaupt die Stimme nach wie vor zum Besten gehört, was man im Rock’ & Soul seit Jahrzehnten hören kann. Zwei Percussionisten gaben auch den alten, rocklastigen Songs einen federnden, mal funky, mal Latin-angehauchten Drive. Das erinnert an gutgelaunte und hochprofessionelle Kammerensembles, die ihren Spaß beim Changieren zwischen Komposition und Improvisation entwickeln. Spielerisch und leichtfüßig. Vielfach ergänzt und getragen von dem wunderbaren Sound von Winwood’s Hammond mit Leslie – Box, die ordentlich wimmert, jault, flächig und flirrend strahlt oder percussiv treibt. Zeitlos.
Eine Hammond nutzt auch Dave Greenslade, der leider sein Vibraphon zuhause gelassen hatte. Damit klingelte er früher, mit schwebend wabernden Tönen, so schön und unverwechselbar die Stücke ein. Ansonsten alles beim alten im übervollen Kesselhaus. Colosseum stemmen immer noch einen Sound in die Halle, den keine andere Band hinbekommt. Insbesondere dann, wenn Gitarre, Hammond und Saxophon, gespielt von Barbara Thompson - die Einzige, die nicht zur Originalbesetzung gehört und den verstorbenen Dick Heckstell-Smith ersetzt - flächig zusammenlaufen. Was nicht so häufig passiert, da das Abbiegen, Auseinanderlaufen, das Umspielen, bevor es wieder in’s gemeinsame Songkorsett zurückgeht, Spielphilosophie und Songaufbau ausmachen. Die Stimme runder, voller und besser als je zuvor, gibt Chris Farlowe den Stücken, was sie an Gesang brauchen. Motor und Kern bilden John Hiseman und Mark Clarke, die mal feinnervig, rhythmisch vertrackt, mal ernergiegeladen und geradeaus der Musik die Richtung weisen und den Laden zusammenhalten. Colosseum können getrost als die Erfinder „konzertanter“ Rockmusik, mit Wurzeln im Blues und vielen Jazzanleihen, bezeichnet werden. Das beherrschen sie auch heute noch meisterhaft. Ganz entspannt, wuchtig, ekstatisch immer dann, wenn Barbara Thompson ihre unkonventionellen Soli spielt. Wir gehen nach Hause in der Gewissheit, dass Altern auch seine guten Seiten haben kann.
John Hiatt ist eine Welt für sich. Seit 35 Jahren veröffentlicht er Platte um Platte, seine Songs werden von vielen Kolleginnen und Kollegen gecovert. Mal jagt ihn der Blues, mal kracht und rockt es gewaltig, mal kleidet er seine Botschaften in Folk und Country. Zuhause ist er in allen Stilen und seine Songs, darunter viele echte Perlen, fühlen sich in jedem Gewand wohl. Berlin ließ er aus. Aber in Oslo schaute er vorbei und bespielte das kleine, aber feine Rockefeller, das Erinnerungen an das alte Berliner Quartier Latin weckt. Hiatt, gut gelaunt und häufig im Gespräch mit dem Publikum, ließ sich Zeit beim Noten-Einfädeln, spielte Themen warm und schälte nach und nach im Zusammenspiel mit seinem kongenialen Gitarristen seine Songs aus Rohmasse und Rhythmen heraus. Schleifen, polieren und glänzen lassen. Musik im Werkstattmodus. Nichts ist so fertig, als das es nicht noch neue Seiten zu entdecken gäbe. Das funktioniert. Sichtbare Spielfreude auch hier und hervorragend aufeinander eingestellte Musiker, die bei aller Routine Spöksken miteinander auf der Bühne treiben, sich mit dem ein oder anderen musikalischen Einfall gegenseitig überraschen. Es gibt keine bessere Art, den tristen November einzuläuten und aufzuhellen!

Wer die Couch nicht verlassen möchte, besorge sich - in etlichen Läden für Billiggeld erhältlich - den Mitschnitt des Konzerts von Stevie Winwood und Eric Clapton aus dem Madison Square Garden. Berührend und umwerfend gut. Trägt über den Winter!

Mittwoch, 24. November 2010

Neuköllner Empathie






Neuköllnerinnen und Neuköllner, lokalpatriotisch gestimmt, haben gleichwohl ein feines Gespür für das Elend der Welt. Dies führt ihnen die bisweilen ungelenke Hand. Sei’s drum. Kunst muß ja auch nicht jedermanns Sache sein, wenn schon Mensch werden eine Kunst ist.

Montag, 22. November 2010

Chorknaben


Auf Keith Richard ist Verlaß. Legendenbildung ist seine Sache nicht. Er sagt, wie es ist. Nicht laut oder leise, brav oder böse, dreckig oder sauber. Nichts davon machte den Unterschied aus. Viel einfacher: „Bei den Beatles konnten alle singen, wir waren eher eine Musikband, wir hatten nur einen Frontmann.“ Hätten alle drauf kommen können. Anders formuliert: Mit den Beatles endet die Tradition des europäischen Kunst- und Volksliedes. Und geht auf im großen Strom dessen, was wir Pop - Populäre Musik - nennen. Gut finden darf man beides. Sowieso. Die Stones wie die Beatles.

Sonntag, 21. November 2010

Freispiel


Berlin liebt seine Paradiesvögel. Ein frisch zugeflogener hat sich dem Berliner Publikum vorgestellt. Technisch perfekt, dabei alle - im Sinne des Wortes - Register ziehend, bearbeitete Cameron Carpenter die Schuke-Orgel in der Philharmonie. Die Wiederentdeckung eines Instrumentes. Rückkehr in die Jetztzeit. Nicht mehr, vor allem nicht weniger, ist das, was da passiert(e). Viele Stücke, ursprünglich für Klavier oder Orchester geschrieben, hat Cameron für die Orgel bearbeitet. Neben den Klassikern stehen auch eher selten gespielte Komponisten wie Nikolai Medtner und Marcel Dupre auf dem Programm. Pop, Jazz und eigene Kompositionen sind ebenfalls selbstverständlicher Teil des Repertoires. Was ihn interessant macht? Er rückt das Orchestrale und den Klangreichtum des Instruments wieder an den Alltag heran, bringt das Stolpern, die Bockigkeit und das Widerstrebende in die Musik zurück. Leben. Unerschöpflich das Reservoir an Klängen, Klangfarben, einzelnen Nuancen, „Soundveränderungen“ bei gehaltenem Ton, das Carpenter dem Instrument entlockt. In Fülle und Tiefe, orchestral wie einstimmig, geben seine Interpretationen selbst totgespielten Werken neuen Glanz. Überwältigend aber seine Fähigkeit, werkdienlich Tempi zu verschleppen und anzuziehen, ungerade Rhythmen mit Füßen und Händen gleichzeitig, versetzt und übereinander geschichtet zu spielen, Stücke in Teilen zu zerlegen und neu zusammenzusetzen. Musik und Mathematik, Zeit und Klang, Fülle und Abstraktion. Dinge, die scheinbar nicht zusammengehören und doch so dicht beieinander liegen und ohne einander nicht’s sind. Das muß man spielen können, ohne das eine oder das andere zu verlieren, zu verdrängen oder vorschnell in Wohlklang aufzulösen. Carpenter gibt das ganze Geheimnis preis! Davon mochte sich dann niemand trennen. Wieder und wieder kehrte er auf die Bühne zurück und spielte Zugabe um Zugabe. Nicht verpassen, wenn’s wieder passiert!

Freitag, 19. November 2010

Bankenleid


Wo der Kredit ist, spielt die Musik. So funktioniert Kapitalismus. Elvis Costello hat’s begriffen: „Ich brauche nicht unbedingt eine Plattenfirma, aber ich brauche jemanden, der mir das Geld vorstreckt, es mir leiht, wenn Sie so wollen. Die Plattenfirma ist wie eine Bank, und das Bild passt auch deshalb so gut, weil die Labels inzwischen multinationale Konzerne sind, bei denen immer weniger Leute arbeiten, die sich für Musik interessieren oder sich mit Musik auskennen.“ Wer nicht glaubt, dass der Kredit das Leben rundet, darf sich schlau lesen. Thomas Strobl erklärt allen Unkundigen wie mir, warum 1 + 1 gleich 5 sind. Kaufen! Natürlich Buch und Platte. Dafür darf man sich auch mal verschulden.

Dienstag, 16. November 2010

Neuköllner Ausstellwerk


Das schaut raus. Aus’m Fenster. Immer wieder. Wenigstens alle 4 Wochen in anderer Autorenschaft, Farbe und Aussage. Mal ordentlich daneben, zeitweilig kleinteilig und farbvergessen, nie botmäßig, mit schlagenden Humor, politisch inkorrekt und mit einer nicht nachlassenden Energie den Pinsel immer dahin führend, wo das Böse keine Farbe kennt. Einzelhandel auf kleinstem Raum, mit einem unverschämt hohen Umsatz an Lesungen und Konzerten und einer mindestens 50% Rendite auf’s eingesetzte Denken, Staunen, Hören und Schauen. Das ist es, was Das Labor, nun bereits im 4ten Jahr, so vielen anderen Kunstläden voraus hat. Einbrechen und mitlachen.

Montag, 15. November 2010

Grüne Exklusion


Schön ist das nicht, wenn eine Partei sich so ganz und gar und ganz unprätentiös kenntlich macht. Übergangslos. So scheint’s. Wo sind sie hin, die guten Gedanken: ein solidarisches Miteinander, Nord und Süd, Ost und West, bei Bewahrung der Lebensgrundlagen, jenseits von Militarisierung und sozialer Ausgrenzung? Schwer zu sagen. Wie’s weiter gehen soll? „…die Spannung aufrecht(..)erhalten“, meint Renate K. Nicht im politischen Streit um unterschiedliche Konzepte in der Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik. Ihre mütterliche Fürsorge gilt den Berliner Arbeitslosen. „Ihr müsst euch auch anstrengen“, ruft sie ihnen zu. Ja, da überkommt es einen denn doch. Dass wir darauf nicht gekommen sind!?! Darunter also leidet die Berliner und vermutlich auch die Weltwirtschaft. Und natürlich: Wo Anstrengung fehlt, hilft Spannung. Das macht Sinn. Abhilfe, so lässt sie uns auch noch wissen, schaffen die Berliner Sozialmärkte, „Einsatzort“ vieler auf MAE-Basis beschäftigter Arbeitsloser. „Solche Arbeit lässt den Arbeitslosen ihre Würde und erfüllt die Bedürfnisse vieler Verbraucher.“ Ja, wollte ihnen denn jemand die Würde nehmen? Und wann und warum? Und wer sind die nutznießenden Verbraucher? Auch „Würden“träger? Oder „arme Schlucker“, denen man mit dem Entzug angemessen entlohnter Arbeit das Einkommen soweit geschmälert hat, dass sie auf den Kreislauf von „selbstaufbereiteter“ Zweit- und Drittverwertung alten Hausstandes angewiesen sind? Ist das Häme, Zynismus? Viel schlimmer – so steht zu vermuten. Frau K. meint das ernst. Gesellschaft als „Moralische Anstalt“ und Politik als „Erziehungsversprechen“. Den Damen und Herren in den oberen Etagen muß Angst und Bange werden, bei soviel „Zuspruch“ von grüner Seite.

Sonntag, 14. November 2010

Neuköllner Destille


Der Koexistenz geht langsam die Luft aus. Die Szene rückt nach. Oder vor. Je nach Geschmack. Die Altpächter haben das Handtuch geschmissen, 4 junge Schotten werden demnächst die Destille anwerfen und den Neuköllnerinnen und Neuköllnern im Donau-Eck zeigen, warum Schottland das Zentrum der europäischen Whisky-Industrie ist.