Donnerstag, 26. Mai 2011

Rundes Neukölln


„Ursache der Nierenform“, so ist auf wikipedia zu lesen, „ist eine sämtliche Gesellschaftsbereiche durchlaufende Abkehr von der Starre des Nationalsozialismus“. Ein ganz furchtbarer Satz. Bei gutem Willen ahnt man, was gemeint ist. Falsch ist er dennoch. Es war die Starre, die die Bundesrepublik in den 50’ern auszeichnete. Der unbedingte Wille, Verbrechen und Täterschaft zu leugnen, sich in einen neuen, unbelasteten Alltag zu flüchten, soweit dies im Deutschland der Nachkriegsjahre möglich war. Die Nierenform war, wie so vieles in den Nachkriegsjahren, ein US-Import. Sie kam gerade recht und „grub“ eine der „Einflugschneisen“, die dem Alltag und der Kultur in der Bundesrepublik neues Leben einhauchten. Eine „Entgiftung“ der besonderen Art. Überspitzt formuliert: Ein Sieg der Form über die Funktion. Der Beginn eines "Leben mit Pop". Heute, 50 Jahre später, sind sie wieder allgegenwärtig, die Möbel und Assessoieres der 50'er und 60'er Jahre. Auf Neuköllner Trödelmärkten, in Möbelgeschäften, aktuellen Mode-Kollektionen, Medien, in Neuköllner Szenekneipen und in den Wohnstuben der Mittzwanzigerinnen. Was das bedeutet? Keine Ahnung. Manch alter Schnickschnack, manch alte Form - sehen wir mal von Verwertungszwängen und kulturellen wie modischen Zyklen ab - haben auch heute noch ihren Reiz: "Spielerisch" genutzt, in neuen Kontexten, nicht weniger farbenfroh und bieder-lässig als in früheren Zeiten. So kommt selbst Piefig-Verschrobenes zu neuen Weihen. Wem das alles nicht reicht, wer das originale Ambiente braucht, geht in die Hasenschänke. Wo? Na, in der Hasenheide.

1 Kommentar:

  1. Das kommt mir doch seltsam bekannt vor. War ein schöner Abend.
    Gruß
    Christoph(der Mittzwanziger)

    AntwortenLöschen