Donnerstag, 28. April 2016

Neuköllner Hosen


„Jeden Tag stirbt ein Teil von dir
Jeden Tag schwindet deine Zeit
Jeden Tag ein Tag, den du verlierst
Nichts bleibt für die Ewigkeit“ *

Das geht jetzt entschieden zu schnell. Mit dem Sterben. Wo wollen die alle hin? Ist es da wirklich schön? Klingt zynisch, ist aber dem Alter geschuldet. Man rechnet nicht wirklich täglich damit, dass das Ende naht, bereitet sich aber gedanklich vor. Warum? Na, die 60 sind überschritten. Die Eltern und Großeltern haben zwar die 80 und häufig auch die 90 gewuppt. Kriegsgeneration. Viel gehungert, bescheiden - fettarm - gelebt, kaum Qualm, wenig Alk. Laster werden sie gehabt haben. Sie haben sie gut versteckt. Uns fehlt der Glaube, dass wir dieselbe Sorglosigkeit im Alter an den Tag legen können. Hatten sie vermutlich auch nicht. Ohne uns dies mitzuteilen. Wir zahlen für die Laster, denen wir gefrönt haben. Na ja, gut war’s und iss’ es ja schon, oder? Wir konnten und durften, was unsere Eltern sich verkniffen haben. Worum es geht? In den 90ern gab es einen Pflichttermin. Mit den Kindern ging es zu den Konzerten der Toten Hosen. Deutschlandhalle, später - die Kinder waren irgendwann alt genug, um den eigenen Vorlieben nachzugehen - das letzte in der Arena. Ein Weihnachtskonzert! Die CD’s standen im Kinderzimmer, wurden mitgesungen. Musikalische Sozialisation. Ob das gut war, weiß ich nicht. Was in der Erinnerung bleiben wird, sind die wunderbaren, jeden Konfirmandenunterricht ersetzenden Gesangsstunden, in die diese Konzerte ausarteten. Nicht immer hielten die Kinder durch. Aber, gesegnet sei dies Alter, auch Höllenlärm hielt sie vom Schlafen nicht ab. So kam dann auch der Bommerlunder - gesungen, nicht getrunken - in die Kinderzimmer. Schinkenbrot und Gurke gab’s am nächsten Morgen. Oder war's doch ein Brot mit Ei? Trommel weiter, lieber Wölli, wo immer du jetzt bist.

* Die Toten Hosen

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