Donnerstag, 30. Dezember 2021

Sonntag, 26. Dezember 2021

Mittwoch, 22. Dezember 2021

Mittwoch, 15. Dezember 2021

Samstag, 11. Dezember 2021

Dienstag, 7. Dezember 2021

Freitag, 26. November 2021

Montag, 22. November 2021

Donnerstag, 18. November 2021

Sonntag, 14. November 2021

Mittwoch, 10. November 2021

Samstag, 6. November 2021

Montag, 1. November 2021

Donnerstag, 28. Oktober 2021

Sonntag, 24. Oktober 2021

Mittwoch, 20. Oktober 2021

Samstag, 16. Oktober 2021

Dienstag, 12. Oktober 2021

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Samstag, 2. Oktober 2021

Dienstag, 28. September 2021

Freitag, 24. September 2021

Donnerstag, 23. September 2021

Sichtlagen

 

Kriege enden. Mal früher, mal später. Das Ende schafft Lagen. Sichtlagen. Gewinne und Verluste lassen sich meist erst nach Jahren bilanzieren. Der Blick aber wird schlagartig klarer. Begründungen für das voraufgegangene Geschehen und Deutungen des Verlaufs müssen sich vor dem Ergebnis rechtfertigen (lassen). Der "Glaube", eine kriegerische Intervention sei der Befreiung der Bevölkerung dienlich (gewesen), hätte sich, sofern dies auf eine relevante Resonanz gestoßen wäre, im Verlauf weniger Monate "beweisen" müssen. Was 20 Jahre währt und in andauernder „Unkenntnis der vorherrschenden sozialen, kulturellen und politischen Gegebenheiten“ organisiert wurde, darf nicht darauf hoffen, mit Sinn nachversorgt zu werden. Es bedarf allergrößter propagandistischer Anstrengungen, den zigtausendfachen "Verzehr" von Menschenleben, zumeist Zivilisten, sowie die Zerstörung von Land und Städten, wenn nicht gutzuheißen, so doch im Namen einer höheren Moral rechtfertigen zu können. So titelte die TAZ unlängst "Die Rückkehr der Taliban". Es hätte, bei einem unvoreingenommenen Blick, "die Heimkehr der Taliban" heißen müssen. Sie wohnen dort, die Taliban, den Paschtunen, der größten ethnischen Bevölkerungsgruppe in Afghanistan, angehörig. Das ist der TAZ, wie so vielen Kommentatorinnen, entgangen. Man muss ihr Wirken und ihre Ideologie nicht teilen, um anzuerkennen, dass sie mit allem Recht darauf bestehen, an den Geschicken und der Gestaltung ihres Landes beteiligt zu sein. Dass sie um die Notwendigkeit einer Anbindung an die internationale Gemeinschaft (mittlerweile) wissen, haben sie unmittelbar nach Kriegsende deutlich signalisiert. Ihre Aufforderung an die (ehemaligen) Kriegsgegner, nunmehr Diplomatie, Kommunikation und Verhandlungen als weniger verlustreiche, um nicht zu sagen zivilisiertere Formen des "Miteinander-Umgehens" walten zu lassen, beschämt den um eine Niederlage reicher gewordenen "Werte - Westen" ein weiteres Mal. Sie stellt die selbsternannten Befreier als das aus, was sie immer waren: Besatzer, mit eigenen Interessen und eigener Agenda. Wer den Feierlichkeiten in New York anläßlich des Anschlages vom 11.09.2001 folgte, wird die Ergriffenheit, den Ernst des Anliegens angesichts der vielen Toten und des nachfolgenden Leids verstehen bzw. teilen (können). Das fehlende Gefühl und die nicht vorhandene Aufmerksamkeit dafür, dass es an der Zeit wäre, auch der Toten zu gedenken, die in Afghanistan ihr Leben gelassen haben bzw. getötet wurden, verschließt allerdings den Weg für eine dauerhafte Friedensstiftung. Die afghanische Bevölkerung, selbst die damals herrschende afghanische Regierung, das war von Anbeginn an unstrittig, hatte mit den Anschlägen von New York nichts zu tun. Was, so ist zu hoffen, den Taliban an politischer Umsicht zugewachsen ist, lassen die politischen Entscheidungsträger in den USA - und in ihrem Gefolge die der beteiligten Nato-Staaten - vermissen: Einsichts- und Lernfähigkeit.

Montag, 20. September 2021

Donnerstag, 16. September 2021

Sonntag, 12. September 2021

Mittwoch, 8. September 2021

Samstag, 4. September 2021

Dienstag, 31. August 2021

Freitag, 27. August 2021

Montag, 23. August 2021

Montag, 16. August 2021

Donnerstag, 12. August 2021

Sonntag, 8. August 2021

Mittwoch, 4. August 2021

Montag, 2. August 2021

Lose Kopplung II

 


„Die Liebe und das Lachen sitzen an der selben Stelle, da gehen nur nicht viele Leute hin.“ *


* James Baldwin, Beale Street Blues, München 2019, S.28

Samstag, 31. Juli 2021

Dienstag, 27. Juli 2021

Freitag, 23. Juli 2021

Montag, 19. Juli 2021

Donnerstag, 15. Juli 2021

Sonntag, 11. Juli 2021

Mittwoch, 7. Juli 2021

Dienstag, 6. Juli 2021

Lose Kopplung I

 


Die "Dinge" laufen, so scheint es, bisweilen an mir vorbei. Das ist natürlich nicht ganz richtig. Ich selber verknüpfe die "Dinge" und das Leben nicht mehr. Es fehlt das zumeist von außen angelegte, zwanghaft zwanglose "Verwobensein" mit und in Alltag und Beruf, dem man sich nach einiger Übung, mehr noch Gewöhnung, widerstandslos hingibt. Dies nimmt über die Jahre, mit eigenen Rhythmen ausgestattet, regelhafte und steuernde Formen an. Eine Art Stützkorsett. So hilfreich, wie hinderlich, sofern immer mal wieder der Gedanke an ein selbstbestimmtes Leben auftaucht.

In der Medizintechnik helfen Stützkorsetts dabei, den Rücken oder einzelne Gliedmaßen nach Verletzungen zu stabilisieren und zu entlasten. Sie stellen, sehen wir von chronischen Leiden ab, die Bewegungsfähigkeit wieder her. M.a.W., ein "Unglück" geht der Nutzung des Stützkorsetts voraus. Es hilft, in alte Form zu kommen und stellt sich bei Erfolg außer Dienst. Psychologinnen vergleichbar, die der Arbeitsfähigkeit und Lebenslust immer mal wieder auf die Sprünge helfen, wenn die Seele durchhängt. In der Mode, als Mieder, Schnürbrust oder Leibstück, ist das Korsett ein steifes, zur Unterkleidung gehöriges Kleidungsstück. Es engt ein, formt - den zeitabhängigen Moden folgend - vor allem Oberkörper und Taille und nutzt über die Jahrhunderte verschiedene Versteifungsmethoden. Es sucht, um des Verkaufs willen, die Abhängigkeit. Für's Versteifen kam der Wal auf den Frauenleib. Vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert wurden aus Fischbein – neben Besteckgriffen, Gestellen und Stöcken von Regen- und Sonnenschirmen, Reitgerten, Angelruten und Spazierstöcken – Korsettstäbe hergestellt. Fischbein sind die Barten, die vom Oberkiefer eines Bartenwals anstelle von Zähnen herabhängenden Hornplatten. Mit diesen filtern Wale Plankton aus dem Meerwasser. Ersatzstoffe retteten Bartenwale vor der Ausrottung.

Nun sind allerdings Korsetts heute nicht mehr gebräuchlich. Sie fielen Gesundheitserwägungen ebenso zum Opfer wie bereits Anfang des 20. Jahrhunderts der stärker werdenden Frauenbewegung und der kriegsbedingt zunehmenden Berufstätigkeit von Frauen. Nicht zuletzt, so kolportiert es Wikipedia, ersuchte das amerikanische Militär die Damenwelt, auf diese Mode zu verzichten. Das für die Herstellung von Korsetts genutzte Metall wurde dringend für die Rüstungsindustrie benötigt. So haben, behaupten Zyniker, auch Kriege etwas für sich. Sie geben den Körpern Raum. Was man nun wieder so oder so lesen kann.

Kommen wir zum Ausgangspunkt zurück. Fehlt das Stützkorsett, das Alltag und Berufsleben bieten, braucht es besonderer Anstöße, um selbst "im Fluss zu bleiben". Soziale 'Eingebundenheit' ist ohne eigenen Aufwand nicht zu haben und erworbene wie erprobte Kompetenzen finden ohne eigenes Zutun kein bestellbares Feld. Der Renteneintritt, bei aller Freude, setzt die Betroffenen auf Entzug. Schrebergärten, Ehrenämter, Reisen, Kunst- und Kulturkonsum, Hobbys, Familien- und Freundschaftspflege sind geläufige Wege, um über Arbeit vermittelte Zugehörigkeit, Kollegialität, Erfolgserlebnisse und Wirksamkeit "nachzubilden" und zu ersetzen. Was lange am Ende der Berufsbiographie als Autonomiegewinn aufschien, kann in tiefe Depression führen, wenn kein - wie auch immer gearteter - Resonanzraum zur Verfügung steht.

Was hilft? Korsettbefreites Entsteifen? Tägliches Workout, um Beine, Arme und Rücken gelenkig zu halten? Ganz sicher sinnvoll. Wie aber steht's um den Kopf, die Seele, das innere Wohlergehen? Vielleicht dies: Die Fremdbestimmung in eigene Hände nehmen. Der angeborene, innere Drang zu Wissenserweiterung und Erfahrungswachstum lässt ja im Alter ebenso wenig nach wie die Lust, Aufgaben in Kooperation und Auseinandersetzung mit anderen zu lösen.

Die Systemtheorie kennt für dieses Paradox - die Selbstdetermination der Fremddetermination - den Begriff der losen Kopplung. „Lose Kopplung bedeutet, dass Elemente eines Systemzusammenhangs, der kaum als ein solcher erscheint, aufeinander eher plötzlich als dauerhaft, eher unscheinbar als überdeutlich, eher indirekt als direkt und eher verzögert als sofort Einfluss nimmt.“ *

Mit 'plötzlich', 'unscheinbar', 'indirekt' und 'eher verzögert' sind "Lebensmodi" beschrieben, die Raum schaffen, Zeit bieten, Geschwindigkeit aus Lebensvollzügen herausnehmen: ein Agieren aus der zweiten Reihe, aus der Distanz heraus. Es entstehen Freiheitsgrade, die, mit ein bisschen Willkür und Spontanität verbunden, Optionen eröffnen. Nur die "Dinge", die von Interesse sind, führen - nach Reflexion und lustwerter Prüfung - zu Teilnahme und eigenem Engagement.

Lässt sich das auch ein bisschen kürzer fassen? Vielleicht so: „Das Tau, das er mitschleppt, ist an keinen Kahn gebunden.“ (P. Éluard / M. Ernst)** Ein Tau, das muss man wissen, bleibt es dennoch. Nur hinter der Himmelspforte fallen alle Seile ab.



* Wozu Kultur?, Dirk Baecker, Berlin 2000, S.78

** MAX, Markus Orths, München 2017, S.140

Samstag, 3. Juli 2021

Dienstag, 29. Juni 2021

Freitag, 25. Juni 2021

Montag, 21. Juni 2021

Donnerstag, 17. Juni 2021