Sonntag, 22. November 2009
Neuköllner Backgewerbe
Zum Weinen sind auf den ersten Blick Auswahl und Qualität der Backwaren, die in und um die Donaustraße, Sonnenallee und Karl-Marx-Straße die Konsumentinnen um’s Geld bitten. "Lecker-Brötchen sind nicht mehr". Das klassische Bäckereihandwerk, der Familienbetrieb, liegt darnieder und hat der Groß- und Billigkonkurrenz weichen müssen. Die Backshops haben die Versorgung in der Fläche übernommen, sofern nicht die üblichen Filialunternehmen - Thürmann, Wiener Feinbäckerei, Steinecke, Kamps etc. - das Angebot bestimmen. Wer genau hinschaut, stößt allerdings auch hier auf Gutes und Genießbares, da die großen Ketten dem gewachsenen Gesundheits- und Ernährungsbewußtsein mit Sortimentumstellung und -erweiterung Tribut zollen. Wer noch genauer hinschaut, wird in Neukölln nicht das Teigparadies, aber doch eine ganz stattliche Anzahl guter und sehr unterschiedlicher Bäckereien und Konditoreien finden. So ist Backshop nicht gleich Backshop. Würden Auslagen und Regale nicht eindeutig auf Verbackenes hinweisen, könnte der Shop in der Fuldastraße, Ecke Sonnenallee, auch als Soziotop, als Außenstelle des Berliner Integrationsbeauftragten, durchgehen. Hier trifft sich - auf 20 qm - die BSR-Mannschaft auf ein Kaffeepäuschen ebenso wie die türkisch-arabische Nachbarschaft, gestandene alte Neuköllnerinnen und zugereiste Studenten. Eng, warm, ein ständiges Kommen und Gehen, ein Schwätzchen hier, ein Kommentar dort. Ökologisch korrekt geht’s zu in der Pannierstraße, Ecke Donaustraße. Die Bäckerei 'Mehlwurm', Pionier unter den Ökobetrieben, schiebt alles über den Tresen, was das grün-alternative Hungerherz begehrt. In vielen Fällen war es der Orient, dem wir Kenntnisse und Fortschritt verdanken. Dies gilt auch für die Getreideverarbeitung und die Kunst des Brotbackens. Welche Leistungen die Vorfahren des Herrn Sarrazin in dieser Sache vollbracht haben, ist nicht überliefert. Was an deutschen Familienbetrieben verloren gegangen ist, haben zugewanderte Familien mehr als wett gemacht. Die Bäckerei Umkalthum in der Sonnenallee türmt, neben einem reichhaltigen Fladen-, Brot- und Kuchenangebot, kunstvoll Teig zu Torten in allen Größen und Farben. Das Sahnehäubchen in punkto Geschmack besorgen sich Kuchenliebhaberinnen bei Aviv Koriat in der Pannierstraße. Nichts also gegen Kranzler und Möhring, aber brauchen tun wir’s nicht.
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Ahoi Christoph!
AntwortenLöschenWes Brot ich eß, des Lied ich sing.BB
Ein guter Artikel.
Grüße
herb
Hallo Christoph!
AntwortenLöschenWarst also inzwischen bei der Koriat Kuchenmanufaktur!?
Der Orientalische-Orangen-Kuchen ist mein Favorit.
Gruß Christoph