Montag, 30. November 2009

Geld lebt lieber ohne uns


Kommt ein Thema in Fahrt, steht zu befürchten, dass es um die beschriebene Sache schlecht steht und das Verfallsdatum womöglich schon überschritten ist. Um was geht es. Vertrauen ist - folgt man unterschiedlichen Autorinnen und Autoren - der Rohstoff, der die Gesellschaft im Innern zusammenhält. Kein Gespräch, keine Kooperation, kein Fortkommen, keine Geschlechterfolge, ja nicht die kleinste Geste gelingt, wenn nicht ein Quäntchen davon, oder zumindest der Glaube daran, es gäbe dieses Quäntchen noch, im Umlauf ist und Handeln sichert. Jan Phillip Reemtsma kam im letzten Jahr mit „Vertrauen und Gewalt“ raus, Alexander Kluge führte kürzlich sein neues DVD-Kompendium „Früchte des Vertrauens“ vor und Falk Richter inszeniert in Kooperation mit Anouk van Dijk Trust an der Berliner Schaubühne. Trust, das sei vorweggeschickt, bringt kein Vertrauen zurück. Es konfrontiert mit der eigenen Hilflosigkeit. Warum das reizvoll ist? Weil Krisen sich in vielfältigste Sprachen und Formen übersetzen lassen. Das hat nichts mit Zynismus zu tun. Es gibt dem, was unausgesprochen bleibt, empfunden wird, beunruhigt, schwelt und vor sich hingärt, Ausdruck. Sezieren, neu anordnen und verdichten heißt hier: Vorschläge machen. Präzise und beeindruckend setzt Anouk van Dijk in’s Bild, was die Texte an Verunsicherung, Anklagen, Zustandsbeschreibungen, Hilflosigkeiten und Leerlauf benennen. System reimt sich auf Körper, Beziehung reibt sich an Arbeitsverhältnissen, Alltag stößt an’s Geld. Es sind stakkatohafte, zerrissene Bewegungen, in die kein Fluß und in denen keine Selbstgewißheit zum Ausdruck kommen will. Ein Wechselspiel von Anziehung, Annäherung, Ineinanderverhakeln, Abstoßen und Gewalt. Das Leben hat kein Maß, die Körper keine Mitte, das System genügt sich selbst. „Das Geld lebt lieber ohne uns weiter“. So könnte es kommen. Keine Bange, Witz und Ironie kommen nicht zu kurz. Ticket lösen!

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