Freitag, 19. Februar 2010
Bürgerzeit?
Der Bürger und die Bürgerin kommen aus der Mode. Altbacken, umständlich sind sie. Den Gegebenheiten und dem Tempo „moderner Gesellschaften“ nicht gewachsen. Teil von Gesetzes- und Verfassungswerken - wie etwa dem Grundgesetz -, die aus grauer Vorzeit nur noch einen matten Schimmer auf’s heutige politische und gesellschaftliche Gelände werfen. Zum Vermessen des Gemeinwesens nicht mehr geeignet. Sie stehen im Weg, die Bürgerin, der Bürger. Politische Informations- und Entscheidungsprozesse sind schwer mit Waren- und Kapitalflüssen zu synchronisieren. Es fehlt an Zeit. Für’s Menschenmögliche und Nötige. Wo immer durchsetzbar, wird dem Bürger, der Bürgerin, die Möglichkeit entzogen, Verfassungen und Verfassungsänderungen seinen und ihren Segen zu geben. Dies gilt für die deutsche wie für die europäische Einigung. Riskieren wir nix’, lautet das Motto der politischen Elite. Er ist so sperrig, der Bürger, die Bürgerin. Nicht ausrechenbar und mit einem eigenen Willen ausgestattet. Wo die Bürger dahinsiechen, beginnt der Siegeszug des Kunden. Ein guter Ersatz. Modern. Raunt es allenthalben aus den Etagen der industriefinanzierten Think-Tanks und Stiftungen. Eine Vision, wird von dort vermeldet, bringt uns die Lösung aller Fragen: Die Welt als Betrieb, Politik als Dienstleistung. Keine Diskussionen, Marketing. Willensbildung als medial inszenierte Meinungsmache. Parlamente als Vereinslokal von Lobbyisten und Parteivertreterinnen, Privatisierung von Gesetzgebung und Hoheitsaufgaben und eine Rechtsprechung nach Geldsäckel. Schöne neue Welt. Überspitzt? Ganz sicher. Dennoch ein deutlicher Trend. Hilft momentan nur eins: sich als Bürgerin und Bürger Zeit nehmen, sich mit den Gegebenheiten des Gemeinwesen im näheren wie weiteren Umfeld vertraut machen, intervenieren, unduldsam sein und für die kleinen wie auch großen Belange engagieren. Jede und jeder wie sie oder er kann.
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