Mittwoch, 31. März 2010


Ding (7 - 10)

Dienstag, 30. März 2010

wirklich wirklich?


Eine spannende Frage stellt Stefanie Grebe in der Ausschreibung zu ihrem Workshop Alles ist authentisch und alles ist inszeniert. „Was ist in der fotografierten Wirklichkeit und was in der fotografischen Darstellung authentisch? Und was ist inszeniert?“ Sie ist, wie so viele, Fotokryptikerin. Ohne es auszusprechen. Die Wortwahl verrät es. Die fotografierte Wirklichkeit ist nicht die Wirklichkeit. Sie ist wirkliches Bild. Das kann man schön, gelungen, treffend, auch authentisch nennen. Ob es sich, handwerklich gesehen und mit aufwendigem Set organisiert, einer Inszenierung verdankt, spielt, auf die Ausgangsfrage bezogen, keine Rolle. Diese Wirklichkeit setzt sich aus denselben Ingredienzen zusammen wie jede, etwa dem Alltag zufällig entnommene, andere Szene. Ob ich das eine oder das andere tue, ist eine Frage der Wahl, der Entscheidung, der Vorliebe, des Auftrages. Die Diskussion darüber, was authentisch oder inszeniert ist, findet in einem anderen Medium statt. In Kommunikation. In Sprache. Authentisch ist und bleibt, so schmerzlich das auch für kunstreligiös Angehauchte sein mag, ein Dafürhalten. Sicherheit, gar Objektivität gibt es in dieser Sache nicht. Nur Übereinkommen. Und, darin liegt die Würze und der Fortgang, Dissenz. Über Jahre gestreckt, sprechen wir dann von Geschmack, Ästhetik, Zeitgeist, Stil, Epochen, Wirkungszusammenhängen und Verwertungszwängen. Authentizität trägt ein zeitliches Signum. Sie ändert Form, Farbe und Bedeutung immer dann, wenn ihre Geltung nachhaltig bestritten wird. Zurück zum Ausgangspunkt und fotokryptisch gesprochen: Nichts ist in der fotografierten Wirklichkeit, in der fotografischen Darstellung authentisch, nichts ist inszeniert! Jedenfalls nichts, was wir nicht dafür halten. Es ist da. Der Rest ist Gespräch.

Montag, 29. März 2010


Ding (6 - 10)

Samstag, 27. März 2010

Neuköllner Nationalgalerie


Der Mißbrauchsdiskussionen gibt es derzeit viele. Auf eine hat Das Gemeine Wesen hingewiesen, uns aber im Unklaren darüber belassen, was es damit auf sich hat. Nicht Dummheit, nicht Ignoranz, nicht fehlende Nachdenklichkeit sind es, die sich hinter der - zugegebenermaßen unorthodoxen und vertraglich nicht vereinbarten - Nutzung von Hauswänden, Brücken und öffentlichen Gebäuden verbergen, sondern zwei veritable Skandale: Neukölln leidet unter eklatantem Papiermangel auf der einen und der Weigerung des Bezirks, eine der Nationalgalerie ebenbürtige, für großflächige Malerei und andere Objekte geeignete Ausstellungshalle zur Verfügung zu stellen, auf der anderen Seite. Das ist die Wahrheit. Wie dem beizukommen ist? Na, mit öffentlichen Papierausgabestellen für angehende Zeichentalente und Sprücheschöpferinnen und der Umwandlung der alten Kindlbrauerei in eine öffentlich finanzierte Kunsthalle mit angeschlossenem Institut für angewandte Lebenskunst.

Ding (5 - 10)

Freitag, 19. März 2010

Neuköllner Verwandschaften


Viele und Vieles sieht man nicht. Menschen, Geschichten, Ereignisse. Sie gehen im Alltagsrauschen unter. Bilder bringen’s an’s Licht. Die Galerie im Saalbau, im letzten Monat noch Ausstellungsort für die Gemälde von Emel Lochmann, präsentiert zur Zeit eine vom Goethe-Institut unterstützte Fotoausstellung. Begleitet von Ana Adamović und Jetmir Idrizi, sammelten 14 Jugendliche im Kosovo und in Serbien mit Einwegkameras Eindrücke, Momentaufnahmen aus ihrer „neuen“ Heimat in der „Fremde“. Jugendliche, in Deutschland geboren und aufgewachsen und nach Jahren der Duldung mit ihren Familien abgeschoben. Sie drücken - in Wort und Bild - unverwandt aus, was ihnen mit dem alten Umfeld, Schule, Kontakten, Freundinnen und Freunden abhanden gekommen ist: ein Horizont, Heimat, Zukunft. Sie fühlen sich entwurzelt, fremd, am falschen Ort. Reingehen. Soviel Zeit sollte zwischen den Einkäufen sein.






Mal ehrlich!?


Sarrazin und Heinsohn kommen ein bisschen verdruckst daher. Die Glut möchten sie entfachen, mit dem Feuer aber wollen sie nichts zu tun haben. Da sind Künstler aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Sie bringen’s auf den Punkt. ‚Kill, kill the poor’. Wie’s geht, zeigt uns Mike Spike Froidl. Im Bauchhund. Vom 20.03.2010 bis 10.04.2010.

Donnerstag, 18. März 2010

Blüten


Was verbindet Schumann mit dem Film Ajami. Nichts. Nur der Zufall bindet zusammen, was sonst nicht zusammenkommt. Was das heißt? Man muß beides gesehen und gehört haben. Barenboim spielte jüngst Schumann. Klar, transparent. Er macht ihn zu einem intellektuellen Ereignis. Das berührt nicht, macht aber den Kopf frei. Die Musik zirkuliert - bei aller Vielfalt an instrumentalen Farben, Melodien und Virtuosität -, kreist um sich selbst. Findet keinen Ausgang. Steht, wenn man so will, in voller Blüte. Das „Danach“ kann sie nicht beantworten. Sie kennt keinen Ausbruch. Radikaler - und ehrlicher - kann man Schumann vermutlich nicht spielen. Ajami ist ein Film, der einem in den Nacken springt. Keine Totale, keine Landschaften, kein Schwenk, keine Ruhe. Immer dicht an und mit den Akteuren unterwegs. Eine verregelte Welt, ohne Aussicht auf Aus- und Aufgänge. Fatalismus. Pur. Die präzise Beschreibung einer segmentierten Gesellschaft, in der - überforderte - Familien Schutz, Clanbeziehungen eine fragile Rechtssicherheit herstellen, alle ihren Alltag meistern müssen und Kinder und Jugendliche um die Chance gebracht werden, zu sein, was sie sind und zu entwickeln, was sie können. Erzählstränge werden mehrfach aus- und aufgelegt, der Zuschauer mit den eigenen Schlussfolgerungen immer wieder konfrontiert. Hohe Erzählkunst. Keine Schnörkel, keine zur Identifikation einladende Gefühligkeit, intellektuelles Kino. Es dokumentiert einen Zustand in voller Blüte. Zirkulär. Stillstand. Agonie. Rastlosigkeit wie Ratlosigkeit. Kein Ausbruch zu sehen, weit und breit nicht. Erhellend. Anschauen und ertragen.

Mittwoch, 17. März 2010

Kunsthype


Ein Kunsthype ist berechenbar. Er folgt ausgetretenen Pfaden. Siedelt in Nestern. Da, wo Szene, Geld, Ambiente, Zeitgeistiges, gegebenenfalls Tradition und Kulturpolitik Klumpen bilden. Das schließt Qualität nicht aus, läuft aber häufig auf Schickliches, Gefälliges hinaus. Insofern steht jede Kunst, sofern sie randständig ist, vor einem doppelten Problem. Sie muß in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken, um wahrgenommen zu werden. Sie bedarf eines Ortes, der Wahrnehmbarkeit herstellt und sichert. Sie muß gleichzeitig mit ihren Themen, ihrem Material, ihrer Bearbeitung von Form, Farben und Perspektiven Irritationen erzeugen, Sehen anregen und sinnlich berühren. Mit anderen Worten: Sie muß nach vorne rücken, etwas treffen, was die Betrachterin und den Betrachter neben Alltag und Gewohnheit stellt. Kein Markt, auch kein Kunstmarkt ohne Publikum und Händlerinnen. Kein Interesse und auch keine Käuferinnen ohne Hingucker. Insofern hat sich Michaela Helfrich Großes vorgenommen. Einen Ort in einem eher unwirtlichen Stadtteil als Galerie zu entwickeln, zu einer Adresse für Kunstliebhaberinnen, interessierte Käufer, aber auch Nachbarn zu machen und Künstlerinnen und Künstler zu präsentieren, die ästhetisch Position beziehen. „Schön! Schick! Teuer!“ ist die aktuelle Ausstellung übertitelt. Was natürlich „inwändig“ gelesen werden muß. Die Werke - vertreten sind Nanako Shikata, Günter Evertz, Ann Besier, Christina Gay, Emel Geris, Peter Goettler, Björn Paulissen, Jiri Polak, Ralf Rose, Stefan Seitz, Gerard Waskievitz - sind ihren Preis wert. Schön ist, dass in einem alten Brauereigebäude - hoffentlich noch länger - ausgestellt werden kann. Schick fällt der Saum über’s Bein in den Bildern von Günter Evertz.

Samstag, 13. März 2010

Neuköllner Dialekt


Keine Götter weit und breit. Nicht im All, nicht auf der Welt, in Neukölln schon gar nicht. Sind sie nun gänzlich vom Glauben abgefallen, die Neuköllnerinnen und Neuköllner? Natürlich nicht. “Music leaves us the time to meditate about the facts of the planet, without giving the frenzy of modern-day culture that kills identities while boosting the egos.” Im Neuköll’schen Dialekt spricht sie sich aus, Volkes Stimme: In Beat we trust. Was könnte näher liegen? Er markiert Anfang und Ende, ist immer dabei und reagiert auf alles, was bewegt, stimuliert oder schreckt. Herzhaft, manchmal schlapp, manchmal rasend. Einkehren.

Freitag, 12. März 2010


Ding (4 - 10)

Mittwoch, 10. März 2010


Ding (3 - 10)

Dienstag, 9. März 2010


Ding (2 - 10)

Montag, 8. März 2010


Lieber gleich als berechtigt! Oder?

Geographie der kleinen Dinge

Ding (1 - 10)

Kinder entwickeln eine Geographie der kleinen Dinge. Welterschließung über das zufällig am Boden, Weg, Rand oder in sichtbarer Entfernung liegende, scheinbar Unscheinbare. Dem Boden näher als dem Himmel, die Sinne auf’s Nahe und Greifbare orientiert, richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf Gegenstände, die Erwachsene ignorieren: Scherben, Kippenstummel, Plastikteilchen, Papier, Roste, Steinchen. Achtlos Weggeworfenes, was in Form und Farbe Aufmerksamkeit erregt. Der urteilsfreie Blick geht aufs Einzelne. Darin sind sich Kinder und Forscherinnen sehr nah. Konzentriert und versunken im Jetzt, wird ergriffen, abgetastet, gewogen, gedreht, gewendet und eingesteckt oder, meist auf nachdrücklichen Einspruch gutmeinender Begleitpersonen, wieder beiseite gelegt. Was das mit Foto-Kryptik zu tun hat? Anfänglich sind Dinge bedeutungslos. Anders formuliert: Bedeutung wird erarbeitet, erlebt, erfunden, erfühlt. Bei aller Formung ist der Eintritt eines beliebigen Gegenstandes in’s Leben eines Kindes immer etwas Besonderes. Dies verleiht ihm ein Stück Individualität. Was sagt uns die Foto-Kryptik: Jedes Bild erschließt sich - im Prinzip - von selbst. Aber nicht ohne Zutun der Betrachterin.

Sonntag, 7. März 2010