Montag, 8. März 2010

Geographie der kleinen Dinge

Ding (1 - 10)

Kinder entwickeln eine Geographie der kleinen Dinge. Welterschließung über das zufällig am Boden, Weg, Rand oder in sichtbarer Entfernung liegende, scheinbar Unscheinbare. Dem Boden näher als dem Himmel, die Sinne auf’s Nahe und Greifbare orientiert, richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf Gegenstände, die Erwachsene ignorieren: Scherben, Kippenstummel, Plastikteilchen, Papier, Roste, Steinchen. Achtlos Weggeworfenes, was in Form und Farbe Aufmerksamkeit erregt. Der urteilsfreie Blick geht aufs Einzelne. Darin sind sich Kinder und Forscherinnen sehr nah. Konzentriert und versunken im Jetzt, wird ergriffen, abgetastet, gewogen, gedreht, gewendet und eingesteckt oder, meist auf nachdrücklichen Einspruch gutmeinender Begleitpersonen, wieder beiseite gelegt. Was das mit Foto-Kryptik zu tun hat? Anfänglich sind Dinge bedeutungslos. Anders formuliert: Bedeutung wird erarbeitet, erlebt, erfunden, erfühlt. Bei aller Formung ist der Eintritt eines beliebigen Gegenstandes in’s Leben eines Kindes immer etwas Besonderes. Dies verleiht ihm ein Stück Individualität. Was sagt uns die Foto-Kryptik: Jedes Bild erschließt sich - im Prinzip - von selbst. Aber nicht ohne Zutun der Betrachterin.

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