Sonntag, 15. Mai 2011

Überschuß


Rücken Objekt und Darstellung auseinander, finden Gegenstand und Wahrnehmung nurmehr zwanglos zueinander, werden alle katholisch. Wo man auch hinschaut. Oder hinliest. Sie setzt sich durch. Die Foto(Bild)-Kryptik. Keiner sagt’s direkt. Alle formulieren drumherum. So auch Thomas Hübener. „Unschärfe (besitzt) das Vermögen, ein Bild dialogisch werden zu lassen, indem sie die Wahrnehmung seines Gegenstandes erschwert. Der Betrachter sieht aktiv, indem er an der Herstellung des Bildes mitwirkt. An die Stelle bloßer Identifizierung eines mimetischen Bezugs tritt ein Austausch, welcher der Diktatur des Faktischen die Kraft der Fantasie entgegensetzt.“ * Schön formuliert. Aber ehrlich gesagt, so dolle hätt’s denn gar nicht sein müssen. Dem Faktischen bietet jede und jeder unentwegt und jeden Tag die Stirn, ziehen den „Rahm von der Butter“. Anders lässt sich gar nicht leben. Ein Alltag ohne Unschärfe, Gegenstände ohne Nutzanwendungsüberschuss, Leben ohne aktive Beobachterinnen, Wahrnehmung ohne Dialog, wie soll das gehen? Unschärfe ist ein Bewegungsmodus. Kryptisch gesprochen: Das Leben nährt die Kunst. Das Bild folgt und eröffnet - zumindest manchmal - einen Dialog.

* Spex #332, S.83

1 Kommentar:

  1. „Klar sieht,
    wer von Ferne sieht-
    Nebelhaft,
    wer Anteil nimmt“
    Chinesisches Sprichwort

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