Donnerstag, 7. Januar 2010

Bühnenfeste


Sind wir nicht alle ein bisschen „Schauspieler“? Fasziniert von der Möglichkeit, die Rollen zu wechseln, von einem Kostüm in’s andere zu springen? Auf der anderen Seite genervt von der Anstrengung, pausenlos und changierend externen Anforderungen und Rollenerwartungen genügen zu müssen? Das innere mit dem äußeren Gesicht nicht in Deckung bringen zu können? Na ja. Kommen echte Schauspielerinnen in’s Spiel, wird’s hektisch. Zeigen sie uns, was und wie wir sind? Oder ist alles ganz anders? Gar wahr? Also. Meinen sie das, was sie sagen oder sagen sie, was sie sagen sollen, obwohl sie etwas anderes sagen möchten? Folgen sie einem Skript, das ihnen aufträgt sich zu verhalten, wie es der, der das Skript - dabei aber selber einem Skript folgend, dass das Leben schrieb - mit Blick auf eine Bühne entworfen hat, voraussehend, das die Bühne Realität nur behauptet, ihnen zuweist? Hat die Bühne überhaupt etwas mit Realität zu tun? Ist - so könnte es ja auch sein - die Realität nichts weiter als Bühne. Kein doppelter Boden, nicht’s hinter dem Vorhang? Alles Illusion? Nichts ist wahr? Üben wir die ganze Zeit? Und wenn ja, wofür? Diese Fragen lassen sich ganz unterschiedlich beantworten. Pollesch macht’s in JFK knallig, kurz, gewohnt akrobatisch in Sprache und Tempo. „RAP“sodisch der Beginn. Eine „Fingerübung“ aus Schauspielersicht. Umwerfend. Alle kommen aus dem Theater ‚raus - dem Deutschen Theater wohlgemerkt - und können den Britney-Mund. Wenn das nichts ist! Das altgewordene, deshalb nicht weniger sympathische Grips hat sich dem Thema mit den eigenen Bordmitteln genähert. Ein Hoch, ein Fest auf den Dauerbrenner „Linie 1“. Die „Linie 2“. Am Anfang ruckelt’s ein bisschen, kommt nur allmählich in Gang. Wie die alten Züge, die auf dieser Linie eingesetzt werden. Aber dann hat er einen wieder. Der Grips-Rhythmus. Auch auf der Linie 2, die kürzeste Verbindung zwischen dem alten Charlottenburger Westen und dem alten Berliner Osten - Alex wie Pankow. Sie passen, die Bilder. Das berlinert ordentlich, ungedeckte West- und Ostwechsel werden deftig ausgeteilt, altes neu verpackt, neues neu gedeutet, viele alte Gripsstücke angespielt und ausgesungen. So auch die alten, wunderbaren Grips-Kinderlieder, die nichts von ihrem Witz - geschweige denn Wahrheit - verloren haben. Und - nicht zu vergessen - die Band. „No Return“. Erstaunlich allerdings der Altersdurchschnitt des Publikums. Gefühlte 102 Jahre, real nicht deutlich d’runter. Was das heißt? Na, mit Grips lebt’s sich länger. Wie schreibt "es" bei Pollesch? „Wir müssen gegen unsere Leben sein, entweder mit einem Manuskript in der Hand, das uns von unserem Leben trennt, oder gegen das Manuskript, das uns von unserem Leben trennt.“ Gibt’s ein drittes? Na klar, in die eigene Hand nehmen. Das Ganze natürlich! Leben wie Schreiben. Gesegnet die Stadt, die solche Theater hat. Aufsuchen!

3 Kommentare:

  1. Ahoi Christoph!

    Wir stehen da und sind betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen. Brecht

    hb

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  2. Erlauben Sie mir einen Hinweis auf
    www.liederkorb.de, wenn "Donaustraße" etwas mit
    Kinderliedern zu tun hat.
    Enberg

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  3. Ahoi Christoph!

    Alt werden mit Linie 2? Das ist möglich, denn Rentner erhalten Ermäßigung.

    Grüße

    hb

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