Freitag, 9. Januar 2009


Wir stiften ein neues Wort. Das kost’ nix. Stiften ist ja in der Bundes-
republik modern geworden. Je ärmer der Staat - durch großzügigen Verzicht auf Erheben nennenswerter Steuern bei denen, die’s haben - desto generöser die Stifter. Die halten sich darauf ’was zugute. Zivilgesellschaftlich soll’s meist auch noch sein. Bei den vielen kleinen, geschenkt und in Ordnung. Die großen Stifter reichen schlicht „enteignetes“ Geld - vorenthaltenen Arbeitslohn oder nicht gezahlte Steuern - zurück. Raubgeld. Legal durch botmäßige Politik. Schwächelnde Gewerkschaften und ängstliche, verhartz’te Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tun ihr übriges. Auf Steuern „lasten“ demokratisch-parlamentarische Verfahren. Umständlich, umständlich. Gar langwierig. Gemeinsam beraten, was, warum, wo und für wen bezahlt, eingerichtet, organisiert und als öffentliche Vorsorge in Infrastruktur, Bildung, Kultur, Wissenschaft und Forschung finanziert werden soll: ein großes Übel. Interessensabwägung und Kompromiß: schreckliche Vorstellung. Nichts für Finanz- und Industriemagnaten. > Dem Neoliberalismus sein Pendant ist der Neofeudalismus <. Die Geste. Die Hofhaltung. Die Abschirmung. Nicht Pflicht oder Verpflichtung auf’s demokratische Gemeinwesen. Die Abhängigkeit der Mittelempfänger. Hofnarren. Eigennutz als Selbstlosigkeit getarnt. Und so weiter und so weiter. Unsere Integrationsproblematik buchstabiert sich nicht auf muslimisch, migrantisch und unterschichtig, sondern auf Ackermann und Madoff. Kein Dollar passt dazwischen. Brüder im Geiste wie im absichtsvollen Handeln. Zurück zu unserem Stiftungsprojekt. Wir sagten, wir stiften ein Wort. Hier ist es:

Kunstnahme

Kunstnahme mit > h <. Im deutschen Sprachgebrauch bisher unbekannt und ungenutzt, kann es jetzt seine Reise antreten. Entfernt erinnert es an Landnahme. Das muss aber nichts heißen. Google wird’s durch die Welt schicken, wir warten auf Ergebnisse. Unsere Erwartungen? Bei der Landnahme entsteht in der Regel nichts. Es wechseln - sehen wir von der Urbarmachung ab - lediglich die Besitztitel. Gewaltsam oder vertraglich vereinbart. Krieg, Blut, Tränen. Die Kunstnahme hingegen - so glauben wir - erzeugt Neues. Neuland, Kunstland, Weltenwandel. Zweifel sind berechtigt. Auch Ackermann geht in die Oper. Kunstnahme: Kolonisation der Köpfe, des Sehens, der Gefühle, des Empfindens. Gegen alle gute Absicht. Könnte auch so sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen