Montag, 10. August 2009


Der Eine ist gegangen, der Andere war gerade da. Was sagt uns das? Altern ist scheiße! Das eigene innere Empfinden hält, dies die gute Nachricht, mit der schleichenden physischen Degeneration nicht Schritt. Wir fühlen uns immer jung. Ob mit 16 oder 60. Pop hilft! Von Zipperlein und Falten lassen wir uns nicht angreifen. Die schlechte Nachricht: Das Ende kommt dennoch. So sagen es uns Nachrichten und - wider das eigene Fühlen - unser gesunder Verstand. Willy De Ville konnte - wie kein zweiter - fiebrige, rhythmisch wuchernde, in Cajun, Tex-Mex, Blues und Soul verwurzelte Songs schreiben und in vollendeter Pose performen. Stimmlich ein Welt für sich. Selbst im Rockpalastkonzert 1981 verlor sich seine auf kleine Kaschemmen und Intimität angelegte musikalische Seelenpflege - die der eigenen wie der des Publikums - nicht. Der andere - Joe Jackson - hatte gerade ein Heimspiel. Seit drei Jahren wohnt er in Berlin. Nennt New York und Portsmouht als seine anderen Heimstätten. Wir danken. Bei seinem Konzert in der Passionskirche waren wir unter uns. Gottesdienst. Wir 45 - 70jährigen. Die, die Ende der 70’er zu Songs wie „On Your Radio“ abgetanzt haben. Schlechte Luft, Kirchenambiente, grauselige Akustik, aber ein freundliches und wohlgesonnenes Publikum. So alt wie wir sind, so freundlich nehmen wir alles hin, was der eigenen Freude daran dient, zu wissen, das, hier angekommen zu sein, keine Selbstverständlichkeit ist. Ebenso wenig, dass wir mit anderen und alten Helden diesem Gefühl freien Lauf lassen können. Gestiegene Lebenserwartung hin oder her. Kein Jungvolk, keine Teenies im übrigen, die uns aus diesem Gemeinschaftsgefühl hätten schrecken, ja wecken können. Sie waren nicht da. Joe Jackson, in einer Liga mit Elvis Costello und Graham Parker unterwegs, aber immer ein Tick poppiger, ja manchmal auch eine Spur zu sehr über dem Rand des Buttertopfes und - in den späteren Jahren - mit gewaltigem Hang zum Gesamtkunstwerk, war Willy De Ville auf eine Art sehr nah: Eigensinnig, auch mal daneben, aber stimmlich grandios.

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