Donnerstag, 28. Juli 2011

Pop 004


Pop(Musik) ist ein Bastard. Immer auf Wanderschaft. Womit das zu tun hat? Wahrscheinlich liegt es daran, dass die, die ihn ursprünglich in die Welt trugen, zur „Wanderschaft“ gezwungen waren. Mit Leib und Seele, Haut und Haaren. Entwurzelt, entrechtet, versklavt. Raum spielt daher von Beginn an eine zentrale Rolle. Als Leerstelle. Als Nichtort. Da man da, wo man war, nicht aus freien Stücken war. Dahin, wo man herkam, nicht zurückkehren konnte. Und die Erinnerung an den Ort, dem man entstammte, mehr und mehr verblasste. Raum war daher da, wo Gemeinschaft stattfand und das eigene Los und die Hoffnung auf bessere Verhältnisse besungen werden konnten. Ein gleichsam ideeller und spiritueller Ort, der überall und immer dort gründet, wo Menschen zusammenkommen, deren Anliegen - Sehnsucht, Heimat, kulturelle Wurzeln, Liebe, Leben, soziale, politische und individuelle Emanzipation -, wo nicht identisch, so doch große Schnittmengen aufweisen. Dass Pop(Musik) von Anbeginn, klug bedacht wie gezwungenermaßen, aus kreativer Neugier wie auch bloßer Anpassung, aufsog, was anderen Traditionen entsprang, machte sie anschlußfähig. Der permanente Wandel war seither ihr Markenkern, bei Beibehaltung der Themen. Nicht um die „Überwindung von Raum“, wie Balzer meint, geht es ihr seither, sondern um die Aneignung von Raum unter dem Signum der „Überwindung von Epochen und zeitlichen Unterschieden“. Rückkehr, so könnte es laufen, ist heute eine globale „Veranstaltung“. Die popkulturellen Produktionen der "Dritten Welt" erringen eine Definitions- und Innovationsmacht nicht, weil sie überall zuhause sind, sondern weil sie den Anspruch stellen, dass das Zuhause überall - für jede und jeden - ein realer Ort sein muß. An dem sich leben, lieben, feiern und arbeiten lässt.

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